Dampfer, der hier „Jersey“ heißt, verläßt an einem Maimorgen Buffalo mit einem nicht genannten Bestimmungsort. Am Steuer steht ein erprobter, wegen seiner Ehrbarkeit und christlichen Genügsamkeit überall am Eriesee wohlbekannter alter Seemann namens John Maynard. In einiger Entfernung vor der ersten Landungsstelle, Erie, bemerkte der Kapitän, daß aus dem Maschinenraum Qualm dringt; er sendet einen Matrosen namens Dick Fletcher hinunter, und dieser meldet, der Schiffsraum stände in Flammen. Es waren unbemerkt Funken in ein Bündel Werg gefallen, und das Feuer hatte bereits beide Seiten des Schiffs ergriffen.

Auf Kommando bilden Matrosen und Reisende an Deck sofort eine Doppelreihe und suchen mit Wassereimern das Feuer zu löschen. Gleichzeitig umdrängen Frauen den Steuermann Maynard mit ängstlichen Fragen: „Wie lange noch bis zum Ufer?“ „Ist kein Rettungsboot da?“ Maynard antwortet so gut er kann: das Boot (ein einziges!) sei zur Reparatur in Buffalo zurückgelassen worden; bis zum Ufer sei es etwa sieben Meilen, vierzig Minuten Fahrzeit; im übrigen wäre es in dieser lebensgefährlichen Lage nützlicher zu beten als zu schwatzen.

Da die Löschversuche vergeblich bleiben, befiehlt der Kapitän dem Steuermann, den Kurs zu ändern, um auf kürzestem Wege Land zu erreichen. Kurz darauf brechen die Flammen durch das Deck, und die Hitze wird unerträglich. Die Mannschaft flieht aus dem Schiffsinnern; Reisende, vor allem Frauen, drängen sich auf Befehl des Kapitäns am Bug zusammen. Planken werden zersägt, auf denen die Frauen sich retten sollen, während von den Männern die kühnsten sich bereits die Jacken und Westen ausziehen, um ins Wasser zu springen. Maynard aber verharrt auf seinem Posten und ist schon nach wenigen Augenblicken durch Rauch und Flammen von seinen Mitfahrern abgeschnitten. Zum Glück bleibt die Maschine betriebsfähig; bald ist die „Jersey“ nur noch eine Meile vom Ufer entfernt, und nun kommen von dort Boote zu Hilfe. Es folgen Maynards letzte Worte:

„,John Maynard!‘ rief der Kapitän.
,Jawohl, Herr Kapitän!‘ sprach dieser.
,Könnt Ihr noch fünf Minuten durchhalten?‘
,Wills versuchen, Herr Kapitän‘.“

Alsbald steht der Steuermann mitten in beißendem Rauch, seine Haare sind bereits versengt, die Flammen kriechen immer näher; er aber hält das Steuerrad fest mit der Linken und später, als diese unbrauchbar wird, mit der Rechten, ohne zu schreien oder zu klagen. Er hört noch den Jubel, als endlich für alle anderen Rettung kommt. Als das Schiff aufläuft, ist er vermutlich schon tot: entweder erstickt oder bei dem Versuch, sich freizumachen, halbohnmächtig über Bord gefallen. Jedenfalls aber ist er „einen christlichen Heldentod — fast möchte ich sagen, einen Märtyrertod — gestorben; seinen Geist befahl er in Gottes Hände, und sein Leib ruht in Frieden am grünen Ufer des Eriesees.“

Schon dieser kurze Abriß zeigt, daß die Erzählung von Darstellungen des „Erie“-Brandes angeregt worden sein muß. Auch der Redakteur des Commercial Advertiser weist in einem Vorwort auf das noch nicht vier Jahre zurückliegende Unglück hin. Die Übereinstimmungen sind handgreiflich: der Ort des Vorfalls (mit Nennung der Städte Buffalo und Erie!), die Unvorsichtigkeit mit leicht brennbaren Materialien, der Mangel an Rettungsbooten und -planken, das Gedränge der Frauen im Vorderschiff,

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